ELEFTHERIA

von Rudolf Müller

ELEFTHERIA

FREIHEIT

Was bedeutet Freiheit, wenn wir doch in einer Demokratie leben?
Wir leben, machen was wir wollen, sind egoistisch, unsolidarisch, wir leben unser Leben, ohne groß auf die Bedürfnisse anderer einzugehen? Ich stelle diese Frage bewusst und beantworte sie mit einem eingeschränkten JA!

Wir fahren nach Griechenland und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen, essen Souvlaki, trinken den süßen griechischen Wein, den wir auch noch blumig besingen und lassen uns mit Schiffen und Fischerbooten die Wellen durchpflügen – von einer Insel zur nächsten, wir fahren in die hintersten Winkel des Landes, wir durchwandern unzählige Schluchten, die wir ansonsten und woanders nie durchwandern würden, weil es anderswo viel zu heiß wäre für solch eine Expedition, nur in Griechenland tun wir das, es gehört zu unserem Repertoire eines erfüllten Griechenlandurlaubs.

Erschöpft stellen wir unsere Zelte unter überhängenden Felsen auf, bevorzugt unter lebensgefährlich überhängenden und in steinschlagidyllischen Buchten, dort wo niemand sonst hinkommt, außer wir, alternativ Reisende eben, dort stellen wir unsere Zelte auf, weil wir ja nicht in den Hotelburgen wohnen wollen.

Wir spielen Pink Floyd im Sonnenuntergang und lauschen dem Lärm der anbrandenden Wellen, danach betreten wir mit brausendem Gehörschaden und roter Sonnenbrandhaut nach altem Öl riechende Tavernen, betrinken uns und werden Freunde der Griechen.

Am späten Abend dann nehmen unsere neuen griechischen Freunde ihre Bouzoukis und Ouds aus dem Folklorekasten und spielen dann auch noch auf der Lyra in ihrer Tradition rhythmischen Sirtaki, welch liebliche Idylle, welch grandiose Illusion!

Ich habe mich bemüht, in meinem Film ELEFTHERIA diese Folklore auszublenden und das Griechenland unserer Seelen, wie ich das nennen will, einzublenden.

Die Stimme von Mikis Theodorakis zum Beispiel – wie er eingesperrt auf einer Strafinsel, bewacht von 30 Polizisten und ohne Musikinstrumente – die wurden ihm alle vor der Deportation weggenommen – seine kargen Lieder singt. Nur ein kleines Tonbandgerät konnte er auf die Insel schmuggeln und damit diese Lieder aufnehmen. Schmerzenslieder ohne Pathos, aber voller Hoffnungshunger!

Zuerst klopft er den Rhythmus mit einem Lineal, dann besingt er die Freiheit, die in seinem Herzen wütet.

Dieses Wüten der Freiheit wurde sicher auch von Wellen umspült, von Sonnenuntergängen verziert, von der Hitze ermattet. Den Strophen eines dieser Lieder habe ich mit einer wackeligen Kamera zu entsprechen versucht, genauso wie einst Pasolini seine Kamera auf den Rücken eines Esels schnallte, um das Archetypische des einfachen Lebens darzustellen.

Oder die Street-Art Zeichnungen in Chania auf Kreta des Jahres 2024 – sie sind Ausdruck des Protests einer wütenden griechischen Jugend, die gegen die unverhohlenen Auswüchse des Tourismus ankämpfen – sie halten einen ganzen Stadtteil von Chania besetzt – dort sollen unzählige alte Gebäude niedergerissen werden – für eine Hotelburg!

Und der Film geht tief hinein in die Seelenspeicher unserer Familie. Wir haben zwar immer die Annehmlichkeiten des Urlaubsdaseins genossen, uns wurde dabei aber bewusst, dass wir Fremde, ja sogar Eindringlinge sind, nachdem uns diese griechischen Friends so oft enttäuscht hatten.

Fotos, Zeichnungen und Filme, hier ausgestellt und geframed, das sind unsere Schätze, die wir von Griechenland mitgenommen haben und hier ausstellen.

Die von mir Voice Over gesprochenen Texte in meinem Film ELEFTHERIA stammen von Odysseas Elytis aus seinem Epos To Axion Esti (Gepriesen Sei). Für dieses Werk erhielt er 1979 den Nobelpreis für Literatur. Derzeit sind seine übersetzten Werke vergriffen und ja, vergessen.

Der Film ELEFTHERIA versucht auf eine ähnliche Weise wie die fast unübersetzbaren griechischen Verse von Odysseas Elytis eine Sprache zu finden, die sich mit der Seelentiefe unserer Leben koppelt kann – um das Griechenland unserer Seelen zu finden und über die Freiheit nachzudenken. Vielleicht gelingt das!

Freiheit kann nicht gegeben werden, sie ist kein Erbe.
Wir nennen Amerika, Österreich ein „freies Land“, aber kein Land ist frei. Nur Menschen können frei sein – siehe Mikis Theodorakis.
Ob wir frei sein werden, wird von uns abhängen – nicht nur davon, was wir tun, sondern auch davon, warum wir es tun: von unseren Idealen!

Ich wünsche Euch eine schöne Reise durch die Zeit, in die1 Freiheit!
Vielleicht!

R.M. 2024

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